BrandaktuellFeaturedLAND OÖ

Haimbuchner im Interview: „Bin Anhänger von Pushbacks“

FPÖ-Landesparteiobmann Manfred Haimbuchner im Interview mit „Die Presse“: Keinen einzigen Asylwerber wolle er mehr in Österreich sehen und Menschen an der Grenze zurückdrängen: Oberösterreichs FPÖ-Landeschef über Asylquartiere in Linz, den Ukraine-Krieg und wen er gern als SPÖ-Chef hätte.

Die FPÖ hat mit Marlene Svazek auch in Salzburg einen Erfolg gefeiert, die wie Sie eine gemäßigtere Rhetorik pflegt als Herbert Kickl. Sie meinte, es gebe Abstufungen in der FPÖ von West nach Ost. Würden Sie dem zustimmen?

Es gibt nur eine FPÖ, aber ich würde es mal so nennen: Jeder wird in einem anderen Umfeld sozialisiert und ist es anders gewöhnt, Verantwortung zu übernehmen. Ich bin nach wie vor in der Kommunalpolitik tätig. Im Land tragen wir seit vielen Jahren Verantwortung. Da werden Dinge oftmals pragmatisch abgehandelt. Andere Landesparteien haben aufgrund der Historie diese Möglichkeit nicht gehabt.

Soll Svazek mit der ÖVP in Salzburg regieren?

Mein Motto ist bekannt: Regieren ist Pflicht. Marlene Svazek hat da den richtigen Zug zum Tor und einen hervorragenden, sympathischen Wahlkampf geführt. Sie hat ein gutes, bürgerliches Auftreten. Die FPÖ soll zeigen, dass es über den Weg der Länder funktioniert. Die Partei muss Erfahrung sammeln und Leute ausbilden.

Sie mussten eine Coronastrafe bezahlen. Wieso haben Sie die in Oberösterreich noch nicht zurückgezahlt wie in Niederösterreich geplant?

Wenn, dann ist das ein Thema, das der Bund angehen muss. Da bin ich zu viel Jurist dafür, dass ich das rein politisch als Überschrift abhandle. Ja, ich habe die Strafe bezahlt. Schwamm drüber, ich bin auch schon einmal zu schnell Auto gefahren. Das niederösterreichische Programm ist sehr vage, wir sind da ganz konkret, nur habe ich es nicht immer an die große Glocke gehängt. Wir haben die Nachhilfeförderung eingesetzt. Der Teuerung wirken wir mit einer doppelten Hilfe für Schulkosten entgegen. Allein dafür nehmen wir in meinem Ressort fünf Millionen Euro in die Hand.

Als Herbert Kickl 2021 die FPÖ übernommen hat, galt er als umstritten. Seine Coronapolitik haben Sie kritisiert. In der Causa Jenewein wackelte sein Chefsessel gewaltig. Heute führt er in der Kanzler-Frage. Hätten Sie das gedacht?

Es gibt seit Jahren eine Geschlossenheit in der Partei. Der Erfolg gibt uns recht. Wir fahren in vielen Bereichen eine total stringente Sichtweise, etwa im Coronathema.

Die FPÖ hat im Nationalrat als erstes den Lockdown gefordert…

So ist das nicht ganz richtig. Man hat auf die damalige Problematik hingewiesen, dass man eigentlich internationale Flüge nicht kontrolliert. Wir sind bei den ersten Beschlüssen dabei gewesen, da gebe ich Ihnen recht. Aber man hat mit der Erfahrung gelernt und sich nicht auf ein Dogma festgelegt wie die anderen Parteien. Da war die Tonalität da und dort eine andere, das gebe ich auch zu. Als Regierungspolitiker habe ich nicht demonstriert.

Man könnte auch sagen, die FPÖ sagt einfach immer das Gegenteil, egal ob bei Corona oder bei den Russland-Sanktionen. Ist das pragmatisch, wie Sie das vorhin nannten?

Das ist das Wesen von Oppositionsparteien.

Ob das, was man sagt, Sinn hat, ist egal?

Da muss man schon vorsichtig sein. Die FPÖ hat in vielen Bereichen sinnvolle Anträge eingebracht. Da könnte ich sagen: Es ist das Dogma der Regierung, einfach alle Anträge zu vertagen. Das tut einem politischen Klima wirklich nicht gut.

Die Kickl-Rhetorik ist für das politische Klima auch nicht förderlich…

Er fördert eben ein heißes Klima (lacht). Inhaltlich gibt es immer wieder Bereiche, die ich oder andere FPÖ-Führungsfiguren vielleicht anders beurteilen. Aber ich habe schon 2021 gesagt, dass wir irgendwann wieder „in“ werden. Jetzt sind wir wieder Trendsetter.

Die Asylanträge sinken wieder leicht. Wirken die Maßnahmen auf EU- und Bundesebene?

Die wirken überhaupt nicht. Italien hat gerade den Notstand ausgerufen, in Deutschland rechnet man mit 300.000 Asylanträgen. Wir hatten vergangenes Jahr 109.000, das waren 25 Prozent mehr als 2015. Das ist keine Entspannung. Beim geplanten Flüchtlingsquartier am Linzer Bahnhof sieht man, wie realitätsfern die Regierung geworden ist. Jeder weiß, dass gerade der Bahnhof ein absoluter Hotspot ist. Ich sage das ganz offen, dass das auch jeder Gutmensch versteht: Ich will keinen einzigen Asylwerber mehr in Österreich in den nächsten Jahren sehen.

Sie müssen Quoten erfüllen…

Ich weiß, dass wir uns dagegen nicht wehren können. Der Bund erfüllt aber seine Verpflichtung nicht, dass er die Grenzen schützt. In Ungarn gibt es keine 100 Asylanträge.

Weil in Österreich der Rechtsstaat funktioniert, der Menschen nicht illegal zurückdrängt.

Wenn der Rechtsstaat funktionieren würde, dann würde er Sorge tragen, dass niemand illegal die Grenze überquert.

Sie sind für Pushbacks?

Für Zurückweisungen.

Das ist nur ein anderes Wort…

Das ist der richtige rechtliche Begriff. Das hat Österreich jahrzehntelang gemacht. Litauen macht jetzt auch Pushbacks und den Kroaten müsste man eigentlich einen Orden dafür verleihen. Da werden Sie jetzt etwas staunen darüber. Aber wenn wir nicht klar zeigen, dass wir unseren Rechtsstaat einhalten, werden wir jeden sozialen Frieden verlieren.

Verstehe ich das richtig: Kroatien, wo derzeit Flüchtlinge mutmaßlich mit Gewalt nach Bosnien zurückgedrängt werden, wollen Sie einen Orden verleihen? Recherchen u. a. des „Spiegel“ und des ORF zeigen das.

Das sind Mutmaßungen. Wenn es europäische Staaten gibt, die ihre Aufgabe wahrnehmen, dann müssen sie das nach entsprechenden Kriterien machen. Aber man lässt diese Länder auch im Stich. Deswegen sage ich, vielleicht übertrieben formuliert, dass man sie unterstützen muss. Die Bundesregierung macht einfach nichts.

Unter FPÖ-Innenminister Kickl waren die Ausgaben für die Grundversorgung höher als jetzt. Trotz der hohen Zahl an Anträgen sind in der Grundversorgung aktuell weniger Menschen als 2015. 60 Prozent sind zudem aus der Ukraine.

Es gibt Menschen, die wirklich verfolgt werden und kein Asyl bekommen, weil andere das Asylrecht völlig unterlaufen. Die Akzeptanz in der Bevölkerung ist einfach nicht mehr da. Wir sagen es halt ganz offen. Es braucht einen Wertewandel. Ich will dem Rechtsstaat gerecht werden. Ich bin ein Anhänger von Pushbacks. Wir müssen mit den Visegrad- Staaten und Italien einen echten Grenzschutz machen.

Wer wäre Ihnen an der SPÖ-Spitze lieber: Pamela Rendi-Wagner, Hans Peter Doskozil oder Andreas Babler?

Andreas Babler wäre wirtschaftspolitisch eine Katastrophe für den Standort. Rendi-Wagner finde ich sehr sympathisch und es tut mir eigentlich ein bisschen leid, wie man sie abmontiert und wie illoyal man ihr gegenüber ist. Mit Hans Peter Doskozil habe ich schon ein paar Achterln getrunken. Er steht für eine Ampelkoalition. Das wäre schon mal eine gute Wahlkampfansage.

Foto: